Schwefelhexafluorid SF6 Schwefelhexafluorid hat faszinierenden
Eigenschaften. Vor allem: Das Gas ist ein perfekter Isolator. Darum
wird es vor allem in sogenannten Schaltanlagen eingesetzt – also
„Knotenpunkten“, in denen die elektrische Energie verteilt wird.
Gasisolierte Schaltanlagen sind vor allem dort praktisch, wo wenig
Platz ist. Deshalb werden solche Schalter beispielsweise in
Windrädern verbaut.
Doch der Stoff hat auch eine fatale Eigenschaft:
Schwefelhexafluorid – kurz: SF6 – hat von allen bekannten
Substanzen die stärkste Treibhauswirkung. Es wirkt rund 22.800
Mal so stark wie die identische Menge Kohlendioxid. Und: Wenn es
einmal in die Atmosphäre gelangt ist, dauert es mehr als 3000
Jahre, bis SF6 sich wieder zersetzt und unwirksam wird.
Das ist seit Jahrzehnten bekannt. Schon im Kyoto-Protokoll wurde
1997 festgelegt, dass die Emissionen von SF6 begrenzt werden
müssen. In vielen früheren Anwendungsgebieten spielt es heute
keine Rolle mehr – außer eben in elektrischen Schaltanlagen. Eine
gesetzliche Regulierung für SF6 in diesem Bereich gibt es bis
heute nicht. Nur eine freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie,
den Stoff nur in geschlossenen Systemen einzusetzen und am Ende
der Lebensdauer zu recyclen oder chemisch zu neutralisieren.
Diese Selbstverpflichtung von 1998 enthält auch, dass die
verwendeten und recycelten Mengen erfasst und gemeldet werden.
Behörden vor einigen Jahren die tatsächlichen Konzentrationen in
der Atmosphäre mit den gemeldeten Daten verglichen, kamen sie
dem Ergebnis: In Europa befindet sich fast 50 Prozent mehr SF6 in
der Luft als laut gemeldeten Emissionsdaten möglich wäre.
Und: Deutschland ist in Europa mit Abstand der größte Emittent.
Im Klartext: Die von der Industrie gemeldeten Daten müssen falsch
sein. Auch eine Studie des Umweltbundesamtes kam schon 2018
zu dem Ergebnis, dass das Monitoring des Recyclings unzureichend
sei.
Keine Kontrolle beim Recycling
Das ARD-Wirtschaftsmagazin Plusminus hat deswegen bei den
wichtigsten Herstellern von Windkraftanlagen nachgefragt. Von
Nordex und Vestas gab es die Rückmeldung, dass es derzeit noch
keine Alternative gebe. Und: Während des Betriebes von
Windrädern würden nur minimale Mengen SF6 in die Luft
entweichen, und eine ordnungsgemäße Entsorgung am Ende der
Lebensdauer von Windrädern sei gesichert.
Allerdings sind die Hersteller dafür gar nicht selbst verantwortlich.
Jeder Besitzer eines Windrades, das demontiert werden soll, muss
sich selbst um das aufwendige Recycling kümmern. Und da ist es
im Zweifelsfall einfacher, den Stoff in die Umwelt entweichen zu
lassen. Eine Kontrolle findet nicht statt.

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